Die Neuverfilmung von „Berlin Alexanderplatz“, die leider in diesem turbulenten Kinosommer viel zu kurz zu sehen war, hat einen spannenden Ansatz und einen ebensolchen Hauptdarsteller: den Portugiesen Welket Bungué.
Welket, du wurdest in Guinea-Bissau geboren und bist in Portugal aufgewachsen. Mit dem Titel „Berlin Alexanderplatz“ konntest du zunächst vermutlich nichts anfangen, oder?
Da hast du Recht. Ich hatte von dem Roman noch nie gehört, und als ich 2017 eine E-Mail von einer Casting-Agentin mit dem Betreff „Berlin Alexanderplatz“ bekam, dachte ich zunächst, das sei Spam. Aber sie hatte mich ein paar Monate vorher gesehen, als ich mit dem Film „Joaquim“ zu Gast auf der Berlinale war. Als mir klar wurde, worum es da ging, schickte ich gleich ein Video von mir ein. Fünf Monate später war ich in Berlin, um an der Seite von Jella Haase und Albrecht Schuch auch persönlich vorzusprechen.
Eine Inspiration für Regisseur Burhan Qurbani waren die aus Afrika stammenden Drogendealer in der Berliner Hasenheide. Hast du in dem Park für deine Rolle recherchiert?
Ich habe kein Haschisch verkauft, falls du das wissen willst (lacht). Aber natürlich habe ich – mit und ohne Burhan – viel Zeit an den Orten verbracht, an denen der Film spielt, nicht nur in der Hasenheide, sondern auch im Berliner Nachtleben. Das war für mich wichtig, um diesem Francis, den ich spiele, wirklich nahezukommen.
Francis kommt mit einem großen Trauma in Berlin an, macht dort weitere tragische Erfahrungen. Konntest du all das nachempfinden?
Natürlich nicht im Detail, schließlich ist meine eigene Vergangenheit eine ganz andere. Aber das heißt nicht, dass man sich nicht einfühlen kann. Ich sprach zum Beispiel auch kein Deutsch, als ich hier ankam, und musste die Sprache und die deutschen Denkstrukturen genauso lernen wie er. Oder nimm die körperlichen Einschränkungen: 60% des Films muss Francis mit nur einem Arm auskommen, also habe ich natürlich – vom Duschen bis zum Schuhe binden – geübt, wie man so durchs Leben kommt.
Ai Weiwei hat zuletzt sehr geklagt über seine Erfahrungen als Ausländer in Berlin. Wie ist es dir selbst als Neuankömmling ergangen, der ja auch heute noch hier lebt?
Im Großen und Ganzen habe ich mich immer willkommen gefühlt. Wobei ich mich natürlich größtenteils in einer Blase aus Gleichgesinnten und Künstlern bewege, die sehr weltoffen ist. Selbstverständlich gab es auch harte, unangenehme Situationen. Aber die gezielt zu betonen, wäre ungerecht, denn Rassismus habe ich auch in Portugal oder Brasilien schon erlebt.
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