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Redaktion

Interview: Wie Profikoch Timo Franke zwangsläufig die vegane Ernährung lieben lernte


Timo Franke vegan
(c) Andreas Loewe

Timo, fangen wir ganz von vorne an: Wie bist du dazu gekommen, dich vegan zu ernähren und zu kochen?

Ich bin klassisch gelernter Koch und habe in meiner Ausbildung verschiedene Sternehäuser durchlaufen. Dabei habe ich nicht immer gesund gelebt und dann tatsächlich ein zartes Gewicht von ungefähr 160 Kilo gehabt. Das war einfach viel zu viel für den Körper – und irgendwann bin ich mit einem Herzkreislaufstillstand ins Krankenhaus gekommen. Da hat man mir gesagt, dass ich mir mit meinem Lebensstil den Körper nachhaltig ruiniert hätte.


Das heißt, du bist primär aus gesundheitlichen Gründen vegan geworden.

Ja, eine junge Ärztin meinte zu mir: „Mensch, probier‘s mal mit veganer Ernährung.“ Und erst dachte ich mir: Oh Gott, was kann ich denn dann noch essen? Aber viel schlimmer konnte es nicht mehr werden. Also habe ich es probiert und das lief so gut, dass ich aus dem lebensgefährlichen Bereich wieder herausgekommen bin. Das war bei mir also kein schleichender Prozess, sondern ich war von jetzt auf gleich sofort zu 100 Prozent vegan. Und aus diesem Ausprobieren sind jetzt fast zehn Jahre geworden.


Dann kannst du nach all diesen Jahren wahrscheinlich gut beurteilen, welche gesundheitlichen Veränderungen mit einer veganen Ernährungsumstellung einhergehen. Welche hast du an dir bemerkt?

Ziemlich viele! Ich habe relativ schnell gemerkt, dass ich keine Pickelchen mehr hier und dort und überall hatte. Die gingen alle von jetzt auf gleich weg. Mein Zahnschmelz wurde angenehmer und die Nägel fester. Meine Haare haben sich verändert, die sind weicher, voller und auch stärker geworden. Und generell bin ich fitter geworden, gesünder.


Du hast deine Ernährung schlagartig umgestellt, anstatt den schleichenden Prozess in die vegane Ernährungsumstellung zu wählen. Würdest du Neueinsteigern diesen Crash-Kurs auch empfehlen?

Ich würde tatsächlich eher den schleichenden Prozess empfehlen. Dabei sollte man dann aber auch darüber nachdenken, wie viel Fleisch man denn tatsächlich am Tag isst. Man sollte die tatsächlichen Mengen abwiegen, um das einfach mal genau zu sehen. Viele sind der Meinung, dass sie kaum Fleisch essen würden. Und ich finde, am einfachsten ist es, erst einmal das Fleisch zu ersetzen, weil es mittlerweile so viele gute Ersatzprodukte gibt, mit denen man sich ins Vegane entwickeln kann. Noch einfacher als das Fleisch zu ersetzen, sind allerdings Gemüse-Alternativen. Es gibt generell so viele pflanzliche Variationen – beispielsweise auch in flüssiger Form für den Kaffee.


Was wären die nächsten simplen Schritte?

Wenn man die Milch und das Fleisch schon so häufig, wie es einem selbst möglich ist, ersetzt hat, dann kann man sagen: Jetzt wage ich mich an Käse-Alternativen. Man versucht vielleicht mal, einen veganen Kuchen ohne Ei zu backen. Ohne Milch, eigentlich ohne alles, was klassisch zum Rezept gehört. Man nehme dann anstatt einem Ei zwei Esslöffel Apfelmus und anstatt der Milch Pflanzenmilch.


Also sollte man Rezepte ausprobieren, um sich Schritt für Schritt heranzutasten.

Ich sag‘ immer: Das ist einfach ein absolutes Learning by Doing. Und manchmal funktionieren manche Sachen einfach nicht oder schmecken manchmal auch ganz schrecklich (lacht).


(c) Marius Ladner

Du meintest, dass sich Vegan-Neulinge am Anfang vor allem gut an den Ersatzprodukten aus dem Supermarkt orientieren können. Nur muss man ja sagen, dass gerade diese veganen Alternativen auch ihren Preis haben und sich nicht jeder das für einen kompletten Monat leisten kann oder will. Hast du ein paar Spar-Tipps? Eine Spaghetti Napoli mit Tomatensoße zum Beispiel. Da kosten die Spaghetti pro Person vielleicht 45 Cent. Mit einer Portion Passata oder Tomaten aus der Dose kommen circa 20 Cent dazu. Dann hat man vielleicht noch eine Zwiebel, eine Knoblauchzehe, Gewürze – da sind wir bei wahrscheinlich unter einem Euro pro Portion Pasta. Wenn ich sage: Ich nehme noch eine Packung Tiefkühl-Gemüse mit, weil ich einfach generell zu faul zum Kochen bin, dann bereite ich dieses Gemüse noch separat dazu. Dann bin ich bei insgesamt 1,50 Euro pro Mahlzeit und das ist echt supergünstig.

Und wenn man etwas frischer kochen möchte? Da macht man sich zum Beispiel Kartoffeln. Die kocht man ganz normal in Salzwasser, danach kommen die aufs Blech. Man zerstampft sie ein bisschen, macht Olivenöl drüber, ein paar Kräuter drauf, schiebt sie nochmal in den Ofen – fertig. Dazu kann man sich dann einen veganen Kräuterquark machen oder man sagt: Ne, ist mir zu teuer. Dann nehme ich mir einfach den günstigsten Sojajoghurt, den man im Discounter finden kann, nehme einen Kaffeefilter und lasse den Sojajoghurt einfach über Nacht abtropfen – am nächsten Tag ist das ein Quark. Dazu passen auf jeden Fall Knoblauch und Kräuter, vielleicht habe ich Bock, eine Gurke einzureiben, dann habe ich Zaziki daraus gezaubert. Dann bin ich pro Portion auch ungefähr bei 1,50 Euro. Da kann man schon mit wenig Geld viele tolle Sachen machen.

Also gilt es einfach, für sich die passenden Rezepte zu finden. Exakt. Bei den Ersatzprodukten ist es easy, die schmeißt du einfach in die Pfanne, machst dir noch eine Kleinigkeit dazu und fertig ist der Lack – aber dann ist es eben teurer. Wenn ich günstig essen möchte, dann muss ich selbst kochen.

Hast du andere Geheimtipps? Der absolute Tipp für mich ist, Gemüse immer abends zu kaufen. In den Supermärkten, die täglich frisch beliefert werden, werden die Restbestände ungefähr in der letzten Stunde drastisch reduziert. So kann man viel Geld sparen.

 

Zur Person

Timo Franke wurde 1987 im Schwarzwald geboren und machte in seiner Ausbildung zum Koch Station in Sternehäusern wie der „Traube Tonbach“ in Baiersbronn und dem „Adlon“ in Berlin. Inzwischen lebt Franke in Berlin und ist Geschäftsführer seiner Agentur „vegan.united“, die vegane Produktentwicklung betreibt.

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